den 4. August 1914
Graf Berchtold an Grafen Szögyény in Berlin
Graf Berchtold an Grafen Szögyény in Berlin
Erlaß Nr. 3788
W i e n , den 4. August 1914
G e h e i m
Euer Exzellenz erhalten anliegend Abschrift eines Telegrammes Herrn von Méreys vom 2. 1. M., in welchem der Wortlaut der Antwortnote Marquis di San Giulianos wiedergegeben ist1. Ein diese Note betreffendes Telegramm Herrn von Méreys haben Hochdieselben bereits im telegraphischen Wege wiedergegeben erhalten.
Nach den Äußerungen Herrn von Tschirschkys scheint man in Berlin der k. u. k. Regierung den Vorwurf machen zu wollen, den italienischen Wünschen in der Frage der Auslegung des Artikels VII und der daraus abgeleiteten Kompensationsansprüche nicht rechtzeitig entgegengekommen zu sein.
Ich würde Wert darauf legen, daß Euer Exzellenz auf Grund der Hochdemselben zur Verfügung stehenden Akten dieser Auffassung mit Nachdruck entgegentreten.
Zu diesem Behufe lenke ich Euer Exzellenz Aufmerksamkeit auf die nachfolgende Zusammenstellung.
Am 26. Juli hat Herzog Avarna im hiesigen Auswärtigen Amt die erste gegenständliche Demarche, und zwar, wie Euer Exzellenz aus Telegramm Nr. 272 vom gleichen Datum bekannt2, in äußerst vager Form gemacht.
Hiezu möchte ich gleich — mit Rücksicht auf einen Passus des Schreibens San Giulianos an Herrn von Mérey, daß unsere letzte Formel nichts Klares und Präzises über Natur und Wert eventueller Kompensationen enthalte — , bemerken, daß bisher die italienische Regierung an uns überhaupt noch gar nicht mit Vorschlägen und Wünschen über den Gegenstand der Kompensation herangetreten war.
Gleichfalls am 26. v. M. hat Herr von Tschirschky bei mir einen Schritt gemacht und mir mitgeteilt, daß sich das Berliner Kabinett nicht unsere, sondern die ita[l]ienische Auslegung des Artikels VII zur eigenen gemacht habe und zu einer Verständigung mit Italien geraten.
Am 28. Juli, an welchem Tage Herzog Avarna erst seinen am 26. gemachten Schritt bei mir — und zwar in identischer und keineswegs präziser oder dringender Form — wiederholte, ist der deutsche Botschafter neuerlich bei mir gewesen, um dringendst zu einer Verständigung mit Rom zu raten. Ich habe an diesem Tage Herzog Avarna eine Erklärung abgegeben, die Euer Exzellenz aus meinem Telegramm Nr. 280 vom 28. Juli bekannt ist3, und welche auch die Zustimmung Herrn von Tschirschkys gefunden hatte. Gleichzeitig wurde, wie Euer Exzellenz aus demselben Telegramm bekannt, auch Herr von Mérey mit Abgabe einer Erklärung in Rom beauftragt.
Wie Euer Exzellenz aus dem Telegramm. Nr. 307 vom 31. v. M. bekannt4, hatte ich am selben Tage eine Unterredung mit Herzog Avarna, bei welcher ein vollkommenes Einverständnis erzielt wurde, wobei aber die Natur und das Ausmaß der Kompensation von Herzog Avarna abermals nicht zur Sprache gebracht wurden.
Am darauffolgenden Tage wurde zwischen mir, Herrn von Tschirschky und Avarna vereinbart, daß wir die italienische Interpretation des Artikels VII annehmen unter der Voraussetzung, daß Italien seinen Bündnispflichten im gegenwärtigen Konflikte voll nachkomme.
Meine Herzog Avarna am selben Tage abgegebene Erklärung ist Euer Exzellenz aus meinem Telegramm Nr. 313 vom I. d. M. bekannt5.
1Siehe III, Nr. 109. (Zurück)
2Siehe II, Nr. 51. (Zurück)
3Siehe II, Nr. 87. (Zurück)
4Siehe III, Nr. 59. (Zurück)
5Siehe III, Nr. 85. (Zurück)
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