World War I, Freiherr von Giesl an Grafen Berchtold

den 24. Juli 1914

Freiherr von Giesl an Grafen Berchtold


Freiherr von Giesl an Grafen Berchtold

Telegramm Nr. 180

B e l g r a d ,  den 24. Juli 1914
Aufg. 6 Uhr 40 M. p. m.
Eingetr. 9 Uhr   · / .   p. m.

C h i f f r e

Situation.
Herr Pašić 5 Uhr früh hieher zurückgekehrt. Seit 10 Uhr vormittags Ministerrat, welcher noch keine Beschlüsse gefaßt haben soll.
Aus Diplomatenkreisen höre ich, daß Verlegung der Regierung nach Nisch deliberiert wird. Regierungsorgan brachte nur kurze Meldung über gestern erfolgte Übergabe der Note, welche schwerste Bedingungen enthält, und bezeichnet Situation als äußerst ernst und kritisch. Alle übrigen Blätter, von welchen einige wegen allzu gemeiner Ausfälle konfisziert wurden, geben nebst teilweise wüstem Geschrei übereinstimmend Ansicht Ausdruck, daß sich Serbien nur einer Forderung fügen könne, welche Selbständigkeit nicht tangiere.
Beamtenkreise lancieren das unter allen Gesichtspunkten unwahrscheinliche Gerücht, daß Regierung bereits gestern abends Telegramm aus Petersburg erhielt, wonach Serbien unbedingt auf Rußland zählen könne.
Dem entgegen kann konstatiert werden, daß die serbische Regierung gestern von Note und Inhalt augenscheinlich vollkommen überrascht wurde.


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Last Updated: January 2001.