den 31. Juli 1914

Graf Szápáry an Grafen Berchtold


Graf Szápáry an Grafen Berchtold

Telegramm Nr. 189

P e t e r s b u r g ,   den 31. Juli 1914
Aufg. 11 Uhr 17 M. p. m.
Eingetr. 9 Uhr   · / .   a. m. 2./8.

C h i f f r e   —   G e h e i m  

Kaiser Wilhelm hatte sich mit einem Telegramm an Kaiser Nikolaus gewendet, dessen Inhalt ich zwar nicht genau feststellen konnte, das aber auf die Gefahr der russischen Mobilisierung in einem Augenblicke hingewiesen haben dürfte, wo Österreich­Ungarn noch geneigt sei, zu verhandeln, und in welchem die Notwendigkeit der Einstellung russischer Mobilisierung betont gewesen sein dürfte.
Pourtalès entschloß sich heute mittags   —   wie er behauptet, ohne Auftrag   —   um eine Audienz in Peterhof anzusuchen, wo er die gleichen Argumente beim Kaiser verwertet haben will. Ich glaube, daß er einfach beauftragt war, das Telegramm zu überbringen. Kaiser Nikolaus scheint Kaiser Wilhelm ungefähr geantwortet zu haben, daß die Sistierung der verordneten Mobilisierung aus technischen Gründen unmöglich sei, daß er aber sein Wort verpfände, die Armee werde nichts unternehmen, wenn Österreich­Ungarn geneigt sei, mit Rußland in Verhandlung zu treten.
Inzwischen hatte ich Euer Exzellenz Telegramme Nr. 198 vom 30. 1. M. und Nr. 202 vom 31. 1. M. erhalten1 und entschloß mich, dieselben ohne Rücksicht auf die seit deren Abgang verfügte allgemeine Mobilisierung in Rußland und den russischerseits in unfreundlicher Form erfolgten Abbruch unseres vertraulichen Gedankenaustausches dennoch auszuführen, weil ich einerseits die Behauptung Kaiser Wilhelms, wir seien noch immer bereit zu konservieren, nicht desavouieren wollte und es mir anderseits schon zur Festlegung unserer taktischen Stellung, als angegriffen, opportun schien, noch einen äußersten Beweis guten Willens gegeben zu haben, um Rußland tunlichst ins Unrecht zu setzen.
Fortsetzung folgt2


1Siehe III, Nr. 44   und   45.     (Zurück)

2Siehe III, Nr. 97.     (Zurück)


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