World War I, Graf Szápáry an Grafen Berchtold

den 26. Juli 1914

Graf Szápáry an Grafen Berchtold


Graf Szápáry an Grafen Berchtold

Telegramm Nr. 163

P e t e r s b u r g ,  [den] 26. Juli 1914
Aufg. 4 Uhr 20 M. p. m.
Eingetr. 7 Uhr   · / .   a. m. 27./7.

C h i f f r e

Militärattaché ersucht mich, folgendes dem Chef des Generalstabes zur Kenntnis zu bringen1.
Nachrichten verdichten sich dahin, daß Militärbezirke Kiew, Warschau, Odessa und Moskau Mobilisierungsbefehl erhielten, bei gleichzeitiger Einziehung von Reservisten; Bezirke Petersburg und Wilna, wahrscheinlich auch Kasan Befehl zur Vorbereitung der Mobilisierung, jedoch ohne Reservisten.
Im ganzen europäischen Rußland erhielten Truppen Befehl zur Einrückung aus den Lagern in ihre Standorte.
Diese Verfügung wird naturgemäß in den nächsten Tagen vielfach Meldungen von Truppenbewegungen im ganzen Reiche zur Folge haben, wobei sehr schwer sein wird, zu kontrollieren, ob es Einrückungs- oder Mobilisierungstransporte sind.
Junker sind hier gestern vorzeitig und ganz überraschend zu Offizieren befördert worden, wahrscheinlich an allen Schulen.
Lagerperiode Krasnojeselo abgebrochen.
Erste Gardekavalleriedivision bereits seit einigen Tagen zur Streikunterdrückung in der Stadt. Infolgedessen Streikbewegung sehr abgeflaut.
35 serbische, hier zur Dienstleistung eingeteilte Offiziere sind über Rumänien in die Heimat abgegangen.
Stimmung im Lager bei Parade am 12. 1. M. im Gegenteile zum II. erregt und aggressiv; doch scheint man zum Teile in militärischen Kreisen doch an einen Bluff der Monarchie zu glauben.
Türkischer Kollege teilte mir heute streng vertraulich mit, daß zwischen Bulgarien und der Türkei ein tatsächliches Bündnis bestehe, was er bisher immer ausweichend leugnete.
Rumänischer Kollege arbeitet nach beiden Seiten, scheint beauftragt, über russische Mobilisierungsnachrichten und Absichten etwas durchblicken zu lassen.
Bulgarischer Kollege glaubt nicht an eine große Geneigtheit Rußlands, aktiv einzugreifen.
Es ist wohl schwer, ein Urteil darüber zu fällen, doch scheint die sehr aggressive Kriegspartei eifrig an der Arbeit, »Stimmung in der Öffentlichkeit, von der dann die Regierung mitgerissen werden soll«, zu bereiten.


1Wurde direkt migeteilt.


Return to World War I Document Archive


Comments, corrections and suggestions are welcome: Richard Hacken (Hacken @ byu.edu).

The World War I Document Archive
on the server of the Brigham Young University Library
has been visited times since February 1996 .


Last Updated: February 2001.